Der Hundeführerschein, Teil 2

Auszug aus:
Hundeführerschein
Grundwissen Gefahrenvermeidung im Umgang mit Hunden
Bayrische Landestierärztekammer, 2001


 

Hundekunde: Hund ist nicht gleich Hund

Rassen unterscheiden sich nicht nur in ihrem Aussehen. Was viel wesentlicher ist, sind ihre angezüchteten Eigenschaften. Häufige Ursache von Verhaltensproblemen sind falsche Haltung oder mangelnde Beschäftigung.

Gerade Vertreter der Gebrauchshunderassen und deren Mischlinge haben oft mehr Bedarf an Bewegung und Beschäftigung als uns Menschen bewusst ist. Daher sollte man sich rechtzeitig informieren, bevor man sich ein Non-stop-Power-Modell oder einen Herdenschutzhund in die Familie holt.

 

Welcher Hund für welche Menschen?

Hunde sind Individuen, daher kann man beim Welpen noch nicht vorhersagen, wie er sich entwickeln wird. Immerhin gibt es Rasseeigenschaften bzw. -bedürfnisse, die übrigens auch bei Mischlingen mehr oder weniger stark zum Tragen kommen, die zu einem Menschen oder einer Familie ganz gut oder eben überhaupt nicht passen.

  • Hunde, die gerne Sport treiben
    Jeder gesunde, ausgewachsene Hund freut sich über körperliche Bewegung, er braucht sie auch. Allerdings eignen sich weder kurzbeinige Rassen (Dackel, Basset) noch riesenwüchsige (Dogge, Bernhardiner) für den Ausdauersport. Joggen oder Radeln genießen daher lauffreudige Hunde wie z.B. Hütehundrassen, Wind- oder Schlittenhunde.

 

  • Hunde, die ein wechselhaftes Familienleben tolerieren
    Sie sollten gutmütig, eher phlegmatisch und keine Einmann-Hunde sein. Letzte fixieren sich auf einen einzigen Menschen. Sehr aktive Hunde, die viel Ansprache und Bewehung brauchen, kommen in einem Haushalt mit kleinen Kindern zu kurz. Sie müssen sich daher oft selbst beschäftigen und gewöhnen sich unter Umständen Verhaltensweisen an, die wir nicht schätzen.

 

  • Hunde, die ein geregeltes Seniorendasein zu schätzen wissen
    Insgesamt gefährden leichtgewichtige Hunde ihren Menschen weniger. Selbst wenn sie an der Leine ziehen, bringen sie einen Menschen normalerweise nicht zu Fall. Da Welpen sehr anstrengend sind, ist es empfehlenswert, sich einen erwachsenen Hund zuzulegen, der selbst nicht mehr so aktiv ist. Darüber hinaus gibt es auch Hunde, die als Welpe nicht an Kinder und Wirbel gewöhnt wurden. Sie brauchen aus diesem Grunde einen ruhigen Haushalt und geregelten Tagesablauf.

 

  • Hunde, die man ins Büro mitnehmen kann
    Einen gut sozialisierten Hund kann man grundsätzlich mit ins Büro nehmen, wenn Arbeitgeber und Kollegen dies einhellig gut finden. Wichtig ist es, dass der Hund einen ruhigen Ruheplatz hat und dass man nicht nur regelmäßig mit ihm Gassi geht, sondern sich auch zwischendurch mit ihm beschäftigt, z.B. ihm Kunststücke beibringt. Am besten gewöhnt man schon den Welpen an feste Ruhezeiten. Und man muss dem Hund beibringen, wie er sich verhalten soll: Ob er mit zum Kopierer gehen darf, ob er jeden, der ins Zimmer kommt, begrüßen kann oder dies nur auf Kommando tun darf und vieles mehr. Sehr dickfellige Hunde (Chow-Chow, Neufundländer) vertragen geheizte Räume nicht so gut. Insgesamt kommen phlegmatische Hunde mit dieser Situation besser zurecht als quirlige. Das Bürotraining braucht Zeit, man sollte die Ruhezeiten ganz allmählich steigern. Insgesamt ist es für viele Hunde sehr viel schöner, mit ins Büro zu gehen, als stundenlang allein zuhause zu bleiben.

 

  • Gebrauchshunde, die eine ihren Anlagen gemäße Aufgabe brauchen
    Natürlich können Hunde aus Arbeitslinien (Jagdhunde, Hütehunde) sehr geduldige Familienhunde sein, aber nur in Nebenfunktion. In erster Linie brauchen diese Hunde eine ihn gemäße Aufgabe und einen hundeerfahrenen Führer. Gebrauchshunderassen kommen immer mehr in Mode, allerdings sollte man sich bewusst sein, dass sie sowie ihre Mischlinge höhere Ansprüche an ihre Besitzer stellen und sich nicht automatisch zum Kuschel-Familienhund eignen. Suchen Sie sich daher nach Züchtern, die Familienhund-Linien züchten.

 

Lebenslang ein freundlicher Hund?

Mit dem Älterwerden können sich positive wie negative Verhaltensweisen des Hundes Verstärken. Alte Hunde können intoleranter und somit aggressiver reagieren. Wichtig ist es, den „Rückzug“ des alten Hundes zu respektieren und möglichen Konfliktsituationen aus dem Weg zu gehen.

 

Geschlecht und Kastration beeinflussen die Manieren

Rüdenbesitzer müssen in der Regel vorsichtiger sein als Besitzer von Hündinnen. Die Kastration des Rüden mildert aggressives Verhalten deutlich. Allerdings kann eine kastrierte Hündin anderen Hunden gegenüber recht ungnädig reagieren. Ein frühzeitiges Erziehungsprogramm oder Verhaltenstraining beugt ernsten Problemen vor.

 


Lesen Sie auch:

Der Hundeführerschein, Teil 1: Der Welpe: Herkunft und Entwicklung

Der Hundeführerschein, Teil 3: Spielen, aber richtig

Der Hundeführerschein, Teil 4: Erziehung und Lernen

Der Hundeführerschein, Teil 5: Rangordnung